lokdaun
Lokdaun hört sich doch gleich viel besser als Ausgangssperre an. Inzwischen haben sich auch hier die euphemismus-getränkten, weichgespülten Wortschöpfungen ihren Platz im deutschen Sprachraum erkämpft.
Mittlerweile gut ein Jahr zum Daheim-Arbeiten verbannt, stellt sich so etwas wie ein Gewöhnungseffekt ein. Mit den zentralen Impfungen die Pandemie in den Griff zu bekommen, wird das größte Problem werden. Alles hofft auf die Wunderwaffe und klammert sich an seine jeweilige, mitunter auf Schleichwegen ergatterte Informationsquelle.
Ich will da gar nicht näher auf das Beschaffungsmanagement der Impfstoffe mit all den unerquicklichen Verstrickungen eingehen. Fachkräftemangel und unethisches Geschäftsgebaren fängt wie immer ganz oben an und wird sukzessive nach unten durchdekliniert. So weit, so normal.
Zum Glück gibt es noch Dritteweltländer, welche in dieser Causa als Negativbeispiel herhalten können. So gesehen kann man sein joviales \“oba wir san e guat dabei\“ dem verdutzten Mitbürger jederzeit elegant an den Kopf werfen. Alles Ansichtssache.
Meines Dafürhaltens wird das mit einem Anfreunden der Bedrohung einhergehen. Manche mögen es als Stockholm—Syndrom bezeichnen. Egal.
Einige Leute leiden mittlerweile am Lagerkoller, sind mental aufgekratzt oder finanziell eingeschränkt. So weit, so normal.
Oder applaudiert noch irgendwer auf seinem Balkon dem zum Auto trottenden Krankenhauspersonal zu? Sie hätten lieber Geld runterwerfen sollen. Oder Benzingutscheine. Wäre authentischer gewesen.
Mein Bruder, welcher im Burgenland lebt, hat noch nie so viele herumwandernde Wiener im angrenzenden Wald gesehen. Ein befreundeter Projektleiter (Homeoffice) eines Konzernes hat eine um zwei Drittel höhere Stromrechnung seit Corona zu verzeichnen.
Anderen musste ich erst glaubhaft versichern, dass Kurzarbeit sehr wohl mit Gehaltseinbußen verbunden ist. Und das schon seit 13 Monaten.
Ein in Italien ansässiger ehemaliger Schulfreund hielt sich mit seinen Ersparnissen ein Jahr lang über Wasser. Seine Dienstleistungen (mechanische Wartungen an Krananlagen im Hafenbereich) waren dank Corona einfach nicht mehr finanzierbar.
Ein befreundeter Onlinehändler weiß schon nicht mehr, wohin mit der Kohle.
Schüler machen seit gut einem Jahr (mit Unterbrechungen) Fernunterricht. Den Datenschutz, die entsprechende Software, die Endgeräte, den nicht vorhandenen Drucker oder Platz daheim, die instabile Internetleitung, die extrem hohe Lernkurve bei älterem Lehrpersonal, die Adaptierungen des Unterrichtes allgemein, all das unter einen Hut zu bringen, ist eine Herkulesarbeit. Kein Wunder, dass Fernunterricht immer mehr zum Reizthema wird. Für alle Beteiligten.
Zudem hat der Energieverbrauch betreffend des Internets mittlerweile gigantische Ausmaße angenommen. So weit, so normal.
Das Bild komplettiert nur die neue Normalität. Wer hier noch den Kopf schüttelt, war das letzte Jahr in einer Felsspalte eingeklemmt. Das ist fix.
Was jedoch alle eint und als gemeinsame Komponente herhalten kann, sind die extrem unterschiedlichen Zugänge zu Corona. Von nicht betroffen mit Umsätzen auf Allzeithoch bis zu Geschäftsauflassungen und gesundheitlichen Auswirkungen ist da alles dabei.
Wohlgemerkt, sollte man immer achtgeben, in welcher Konstellation sich der Gesprächspartner befindet. Mitarbeiter von staatsnahen Betrieben, Institutionen, Bildungsstätten, Behörden, Konzernen oder Pensionisten haben da naturgemäß einen anderen Zugang zur (finanziellen) Thematik als die Million Kurzarbeiter und Arbeitslosen (zusammengerechnet). Am Monatsanfang schneit die Knete in unverändertem Ausmaß herein. Egal, welche Welle oder welche Maßnahmen da gerade ergriffen werden. Die sind einmal außen vor, zumindest vom monetären Standpunkt betrachtet.
Blöd nur, dass jetzt der Winter auch schön langsam zu Ende geht. Wenn es kalt, finster, nebelig und arschglatt ist, geht man einfach nicht so gern vor die Tür. Außer man will seine Bärenfallen in der Wiener Hauptallee checken.
Jetzt (Anfang April 2021) haben wir zwar noch eine Schlechtwetterfront, jedoch kommt nach dem April ziemlich sicher der Mai daher. Der Sommer wird unausweichlich kommen und nicht einmal die dümmste Regierung der Welt kann das verhindern.
Dann wird\’s brenzlig. Sieht man ja jetzt schon, wenn am Donaukanal oder anderen öffentlichen Plätzen Feierorgien stattfinden. Irgendwie müsste man die Freitagshüpfer davon überzeugen können, dass es keine zweite Oma gibt. Beim aufgezeichneten Planeten am Plakat hat es ja auch ganz gut geklappt. Nur ohne Twitter-Account, Carbonyacht und Lobby wird\’s schwer.
Die Leute werden mit der Zeit keine Lust mehr auf Ausgangssperren und die siebente Welle haben. Sie werden sich Corona nach dem Schema \“Scheiß drauf\“ zuwenden und gut ist es. Dies soll nur eine Vermutung meinerseits darstellen.
Wie das ausgeht? Keine Ahnung, aber ich bin jedenfalls live dabei.
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