Eigentlich dachte ich, diese Zeit der Digitalisierung von Schallplatten hinter mir gelassen zu haben, denn alle unsere früheren Langspielplatten sind längst als Mp3-Dateien in unserem Audio-Archiv gespeichert. Der damals eigens für die Digitalisierung angeschaffte Plattenspieler wurde nach getaner Arbeit verschenkt.

Dann kam der Fußball und der brachte mir einige Langspielplatten prominenter Fußballspieler wir Hans Krankl und Herbert Prohaska und man hat mich gebeten, diese in ein digitales Archiv umzuwandeln. Ob man das darf, weiß ich nicht, aber in diesem Blog geht es eher um die technischen als um die juristischen Fragen.

Man braucht dazu also grundsätzlich einen Plattenspieler mit einer Digitalisierungsinfrastruktur.

Bei meinen früheren Digitalisierungen verwendete ich einen Plattenspieler mit einem Analog-Ausgang, der mit Audacity in eine MP3-Datei umgewandelt wurde. Aber das muss man heute nicht mehr so machen, denn es gibt Abspielstationen, die das alles in einem Gerät vereinigen. Folgendes habe ich gefunden und gekauft:

Diese Anlage gibt es auch in weiß, aber das ist mir beim Bestellen nicht aufgefallen, daher habe ich jetzt diese schwarze Version.

Diese klassische Musikanlage heißt Cyberlux Modell CL-3040B, kostet 90,- Euro und hat folgenden Eingänge:

  • Radio,
  • Plattenspieler,
  • CD/MP3-Spieler,
  • Kassettenrecorder,
  • SD-Karte,
  • USB-Stick und
  • AUX.

Die Anlage ist sehr kompakt und enthält auch zwei Lautsprecher. Man kann aber auch externe Lautsprecher über Bluetooth verbinden. Wenn es aber nur ums Digitalisieren geht, sind die eingebauten Lautsprecher völlig ausreichend. Auch eine Fernbedienung ist vorhanden.

Digitalisierung einer Langspielplatte

Praktisch ist, dass man für das Digitalisieren keinen PC mehr benötigt.

  • Man legt eine Platte auf und positioniert den Tonarm,
  • dann legt man eine SD-Karte/USB-Stick ein und drückt die REC-Taste (dabei wird die eingelegte SD-Karte/USB-Stick automatisch erkannt),
  • man senkt den Tonarm ab,
  • der Ton wird als MP3-Datei auf die SD-Karte/USB-Stick aufgenommen. Die Abtastrate ist 128 kBit/s.
  • Nach der Aufnahme drückt man auf STOP und die Aufnahme ist beendet, die MP3-Datei wird in einem Ordner RECORD\EXREC als FILE_001.mp3 angelegt.

Eine Seite einer Langspielplatte erzeugt eine Datei zwischen 10 und 70 MB.

Nachbearbeitung mit Audacity

Diese Datei enthält – wenn man nicht jeden Titel getrennt aufzeichnet – alle Stücke einer Seite in einer Datei plus einem stillen Teil am Anfang und am Ende. Normalerweise ist es erwünscht, diese einzelne Datei in die einzelnen Stücke aufzuteilen, so wie das auf einer gerippten CD auch der Fall ist. Ich verwende dazu das kostenlose Programm Audacity, es gibt aber möglicherweise einfachere Programme dazu. Meine Version von Audacity ist 2.2.1, aktuell ist 2.2.2.

So präsentiert sich Audacity nach dem Öffnen der Datei FILE_001.mp3.

Man sieht, dass diese Aufnahme 7 Stücke enthält, die man in einzelnen Dateien speichern muss.

Normalisieren

Das Bild zeigt, dass die Aufnahme gut ausgesteuert ist, aber ich habe es mir angewöhnt, jede Aufnahme zu normalisieren. Dabei wird eine eventuelle Gleichspannungskomponente entfernt und die maximale Amplitude auf 0 db eingestellt. Effekt -> Normalisieren -> OK.

Verstärken

Es kommt vor, dass Aufnahmen zu gering ausgesteuert sind. Man kann dann über die Funktion Effekt -> Verstärken -> (Übersteuerung erlauben) -> OK eine einheitliche Lautstärke für alle archivierten Aufnahmen erreichen. Das ist hier nicht der Fall und wir eher bei Mikrofonaufnahmen angewendet.

Stille entfernen

Im Allgemeinen gibt es bei jeder Aufnahme einen störenden Anfangsteil (zum Beispiel durch erfolgloses Aufsetzen der Nadel) und einen stillen Schluss. Diese entfernt man am einfachsten durch Vergrößern der Ansicht mit Strg-1, Markieren der Stille mit der Maus und Löschen mit Del.

Es gibt aber auch eine eigene Funktion für das Entfernen von Stille, die man aber praktisch nur bei Live-Aufnahmen benötigt: Effekt -> Stille entfernen. Man stellt ein, wie lang eine Stille maximal dauern darf und wie leise dann das Signal sein muss.

Splitten der Audio-Datei

Grundsätzlich kann man jeden Song zwischen zwei Pausen in eine MP3-Datei exportieren. Man markiert das Stück mit der Maus, Datei -> Exportieren -> Markiertes Audio exportieren. Man wählt den Dateinamen und gibt die Metadaten ein (das kann man auch weglassen, wenn man später die Metaangaben aus einer Online-Datenbank einträgt). Fertig.

Es ist aber auch möglich, die einzelnen Abschnitte mit Textmarken zu versehen, diese zu benennen, dann werden alle Abschnitte mit dem Namen der Textmarke versehen und als MP3-Datei gespeichert.

Schritt 1: ausfüllen der Meta-Daten Bearbeiten -> Metadaten

Den Titel lässt man frei, der wird später automatisch eingetragen.

Schritt 2: Titelanfänge markieren

Man setzt den Kursor mit der Maus an den Anfang eines Titels und fügt eine Textmarke mit Bearbeiten -> Textmarken -> Textmarken bei Auswahl einfügen oder Strg-B ein. Es entsteht eine neue Spur unterhalb der Audio-Spuren und eine Markierung mit einem rechteckigen Kästchen. In das Kästchen schreibt man den Titel des Stücks.

Schritt 3: Splitten

Mit Datei -> Exportieren -> Mehrere exportieren

Für jeden Titel wird der Dialog mit den Metadaten eingeblendet, der Text der Textmarke wird dabei im Feld „Titel“ eingetragen. Jetzt könnte man noch den Interpreten hinzufügen. Danach erfolgt das Teilen und Speichern der einzelnen Stücke:

Mit dem Windows-Explorer schaut das dann so aus.

Korrektur der Dateinamen mit MP3tag

Das ist schon sehr schön aber noch nicht perfekt, denn diese Titel sind – im Gegensatz zur Speicherreihenfolge im vorigen Bild – alphabetisch und daher anders als auf der CD angeordnet.

Um diese Dateinamen zu korrigieren, könnte man händisch eine Zahl (Track) vor den Titel schreiben. Das muss man aber nicht, denn dazu gibt es das hervorragende Programm MP3tag. Die aktuelle Version ist 2.90a.

Man öffnet in MP3tag den Ordner mit den MP3-Dateien mit Datei -> Verzeichnis wechseln und bekommt folgende Liste:

Man sieht in der Spalte „Track“, dass dort fortlaufende Nummern der Titel in der richtigen Reihenfolge angegeben sind. Was man hier noch editieren kann, ist die Spalte „Interpret“, denn der ist in diesem Fall bei jedem Lied ein anderer. Diese Einträge zeigt das folgende Bild:

Der letzte Schritt ist die Änderung des Dateinamens, der aus der Tracknummer und dem Titel und eventuell aus dem Interpreten bestehen soll. Die Funktion dazu ist Konverter -> Tag - Dateiname. Es meldet sich ein Dialog Formatstring auswählen. Hier trägt man ein: $num(%track%,2) - %title% (Über den Hilfe-Button erfährt man die genaue Syntax) und klickt auf OK.

Nunmehr präsentiert sich das Verzeichnis so, wie man das von Audio-Dateien erwartet.

Man sollte die MP3-Dateien unbedingt auf diese Weise dokumentieren, damit man später auch nach den einzelnen Stücken suchen kann.

Titel automatisch eintragen

In dieser Anleitung wurden die Titel händisch als Textmarken in Audacity und die Interpreten im Programm MP3tag eingetragen. Wenn man wirklich viele CDs zu digitalisieren hat, ist das natürlich sehr aufwändig. Man kann diesen Vorgang auch automatisieren. Man lässt zuerst in Audacity den Titel der Textmarke weg und speichert die gesplitteten Einzeldateien nur mit der fortlaufenden Nummer.

Dann öffnet man den Ordner mit MP3tag, markiert alle Dateien und benutzt die Funktion Tag-Quellen -> discogs.  Bei der ersten Benutzung muss man bei discogs einen Account erstellen und über einen Mail-Feedback aktivieren. Danach geht man wieder auf Tag-Quellen -> discogs und muss den Zugriff durch MP3tag auf die Datenbank durch einen Kode bestätigen. Gibt man dann etwa zur Suche den Titel der CD ein (hier „Rapid“), bekommt man zahlreiche Treffer. Man kann auch nach anderen Kriterien suchen, die zum Beispiel nach der CD-Nummer, was eventuell schneller zu einem eindeutigen Ergebnis führt. Man klickt die zutreffendsten Treffer an und findet (hoffentlich) die CD in der Online-Datenbank. Das folgende Bild zeigt diesen Treffer:

In diesem Bild sieht man Links die Titel der Datenbank und rechts die Titel, die ich bereits händisch eingetragen haben. Stimmt also überein. Was nicht stimmt, ist dass ich nur eine Seite der CD erfasst habe und die zweite noch ausständig ist, daher geht auch die linke Seite noch weiter. Gut, das muss man noch erledigen.

Dann aber genügt es, auf OK zu klicken und alle Einträge aus der discogs-Datenbank werden in die Tags in MP3 übernommen. Das ist natürlich sehr viel schneller als eine händische Eintragung und vor allem wirklich komplett.

Was hats gekostet?

Die Anlage kostet 90 Euro. 9 CDs wurden digitalisiert, das macht 10,- Euro pro CD. Ich habe jetzt leider schon wieder ein Kastel herumstehen, das ich wieder für lange Zeit nicht brauchen werden. Aber vielleicht kommen ja noch weitere CDs zum Digitalisieren. Sollte jemand eine ähnliche Digitalisierungsaufgabe haben, kann ich ihm das Kastel gerne borgen.

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