Bereits im März hat uns Tomas Pueyo in seinem Artikel „Der Hammer und der Tanz“ unsere heutige Situation vorausgesagt.

Während wir es im März und April mit dem „Hammer“ zu tun hatten, einer Phase des steilen exponentiellen Anstiegs im März, der durch ziemlich radikale Distanzierungsmaßnahmen in einen ebenso exponentiellen Rückgang der Fallzahlen im April gefolgt war.

Nach einer Phase des Aufatmens im Mai und vielen schrittweisen Lockerungen stiegen seit Anfang Juli die Fallzahlen wieder an. Diese Phase bezeichnet der obige Artikel als den „Tanz“.

Diese österreichische Situation ist ein perfektes reales Beispiel für die Voraussage in dem obigen Artikel.

Der Autor schreibt die täglichen Fallzahlen mit. Link.

Tägliche Fallzahlen mit einer 30-Tages-Prognose

In dieser logarithmischen Darstellung sieht man den deutlichen Anstieg im Juli, der durch die Verschärfung der Maskenpflicht (und wahrscheinlich auch durch die Nachverfolgung der Fälle) sich bereits wieder in einem Abwärtstrend befindet. Der geradlinige verlauf am Ende der grauen Kurve zeigt wieder nach unten. Wenn sich also nicht weiter am sozialen Verhalten ändert, könnte bis zum September die Gesamtzahl der Erkrankten wieder unter 1000 absinken.

Der Anstieg ist viel sanfter als im März, aber er ist – entgegen verschiedenen Wortmeldungen – wieder exponentiell, nur eben mit einer geringeren Progression. Dass es überhaupt zu einem Anstieg kommt, liegt einerseits an der zunehmenden Normalität und damit steigender Kontaktzahl und auch an der zunehmenden Nachlässigkeit beim Maskentragen und Abstandhalten.

Diese Wellen, eine Folge von zu großer Freizügigkeit gefolgt von Gegenmaßnahmen, werden uns weiterhin begleiten, und es liegt ausschließlich an unserer Disziplin, wie hoch die Wellen des Tanzes werden.

Wir erleben also im Juli und August den „ersten Tanz“, und weitere werden nicht ausbleiben.

Wien ist anders

Frühere Wien-Werbung an der Autobahn vor Auhof

Wie die Werbung schon sagt, ist Wien anders, und das sieht man an den Fallzahlen. Hier eine Darstellung vom 4. August der Info-Seite des Gesundheitsministeriums.

Absolute Fallzahlen pro Bundesland am 4. August 2020 (info.gesundheitsministerium.at)

Die dortigen Statistiker lieben die absoluten Zahlen, klar, die sind am einfachsten zu verarbeiten. Die Lage in Wien schaut dabei nicht gut aus, es gibt fast drei Mal so viele Fälle als in Oberösterreich.

In der folgenden Grafik wurden die Fälle auf die Einwohnerzahl bezogen, und siehe da, jetzt verringert sich der Abstand zwischen Wien und den „Verfolgern“.

Relative Fallzahlen pro Bundesland pro 100.000 Einwohner

Der Vergleich der absoluten und relativen Fallzahlen zeigt, dass etwa das Burgenland stärker betroffen ist als es an den absoluten Zahlen abzulesen ist, auch Salzburg rückt zu Oberösterreich auf.

Die „Guten“, das sind Kärnten, Steiermark, Tirol, Vorarlberg; die „weniger Guten“ sind Burgenland, Niederösterreich, Oberösterreich und Salzburg; es bleibt „das böse Wien“.

Die Fallzahlen in einer bestimmten Gegend hängen von vielen Faktoren ab wie wir aus den täglichen Meldungen erfahren, die Lebensart ist eine wesentliche Größe. Je dichter Meschen beisammen sind, desto wahrscheinlicher ist die Verbreitung des Virus.

Um diesen Umstand besser darzustellen, wurde in der folgenden Grafik die Bevölkerungsdichte mit den Fallzahl in Beziehung gesetzt.

Fallzahlen in Abhängigkeit von der Bevölkerungsdichte

Die Trendlinie trennt die „Guten“ (unten) und die „weniger Guten“ (oben) und verdeutlicht durch die Beziehung zur Bevölkerungsdichte zwischen den Flächenbundesländern und der Stadt Wien den großen strukturellen Unterschied.

Wer in Wien etwas zu erledigen hat, kommt mit vergleichsweise mehr Menschen in Kontakt als „am Land“. Im Stiegenhaus von Mehrfamilienhäusern, in den Öffis, in den urbanen Fußgängerzonen. Die Wahrscheinlichkeit für eine Infektion ist daher auch eine Funktion der Bevölkerungsdichte.

Städtevergleich

Um den Ausreißer „Wien“ besser beurteilen zu können, müsste man an dieser Stelle die Zahlen für die großen Städte Graz, Linz, Salzburg, Innsbruck mit jenen von Wien vergleichen. Leider stehen diese Zahlen auf der Statistikseite des Gesundheitsministeriums nur als Summen und nicht als tägliche Fallzahlen zur Verfügung und daher kann man nicht sehen, wie die anderen großen Städte im Vergleich abschneiden würden.

Da im kommenden Wien-Wahlkampf ein Anstieg des ohnehin ständig erlebten Wien-Bashing zu erwarten ist (eine Kostprobe durften wir schon im Vorstoß von Karl Nehammer und seiner aufdringlichen Polizei-Assistenz erleben), wäre es höchst wünschenswert, dass man Wien nicht mit Flächenbundesländern, sondern mit Städten vergleicht.

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