Mailboxen-Transfer mit Thunderbird
Persönlich benutze ich als E-Mail-Client Outlook als Teil meines Office-365-Abos. Thunderbird nutze ich nur für Versuche. Ich bin also eher kein Spezialist für Thunderbird. Daher kann die nachfolgende Beschreibung einem Thunderbird-Insider ein müdes Lächeln entlocken, weil das alles vielleicht viel einfacher gegangen wäre, speziell, wenn man dazu Hilfesprogramme einsetzt.
Mailbox wird abgeschaltet
Eine Mailbox ist etwas sehr Privates. Was unsere Mitglieder mit ihren Mailboxen anstellen, das wissen wir daher gar nicht so genau. In diesem Fall wurden wir aber bei der Übertragung der Mails um Hilfe gebeten, bekamen also die Zugangsdaten zu einer Mailbox, mit dem Auftrag alle Mails auf einen neuen Account bei ClubComputer zu übertragen.
Ein Mitglied besaß eine Unimailbox, sagen wir tom.test@univie.ac.at
, die mit ca. 32 GB ganz schön viele Daten angesammelt hat; die Mails eines halben Berufslebens. Aber die Mailbox sollte seitens der Uni-EDV am 31.März abgeschaltet werden, und es standen dafür nur mehr zwei Tage für die Übertragung zur Verfügung.
Es handelt sich um mehr fast 700 IMAP-Ordner (16 GB) und weitere 16 GB (ca. 70.000 Mails) im Posteingang.
Es gibt zwar auf dem Server der Uni-Wien eine Export-Funktion, doch diese sendet die Mails an eine gewünschte neue Adresse als Anhang, und daher ist diese Funktion für die Weiterverwendung der Inhalte weniger geeignet.
Unser Mitglied hätte – rechtzeitig vor dem Abschalten der Mailbox – die Dateien und Ordner mit einem Mail-Client vom Konto der Uni auf das Konto bei ClubComputer verschieben können. Das geht im Thunderbird manuell ganz einfach. Man legt im Thunderbird zwei Konten für die ursprüngliche Mailbox und die zukünftige Mailbox an und befördert die Mails mit der Kopieren- oder Verschieben-Funktion von der Mailbox tom.test@univie.ac.at
in die Mailbox tom.test@clubcomputer.at
. Dazu müssen aber beide Server aktiv sein. Genau das ist aber nicht geschehen.
Bei 32 GB dauert dieses Verschieben eine Weile, und ob sich das in einem noch verbleibenden Tag ausgeht, ist nicht voraussagbar. Im Nachhinein weiß ich, dass sich das sicher nicht ausgegangen wäre.
Ich habe daher den Mail-Transfer auf Umweg über ein Backup aller Dateien der Uni-Mail-Box durchgeführt.
Schritt 1: IMAP-Konto tom.test@univie.ac.at (Quelle)
Um eine lokale Kopie aller Mails zu bekommen, muss man in Thunderbird ein IMAP-Konto anlegen. Danach hieß es, ein bisschen Geduld zu haben, denn es dauerte einige Zeit, bis die 32 GB vom Uni-Server auf den PC herunter geladen wurden. Aber es ging sich noch vor „Torschluss“, am 31.3. aus.
Thunderbird legte zwei Objekte an:
Im Ordner imap.univie.ac.at
befinden sich die Objekte
- Dateien
INBOX
- Datei
INBOX.msf
- Ordner
INBOX.sbd
Der Ordner INBOX.sbd
enthält so viele weitere Ordner als IMAP-Ordner angelegt worden sind. Die Struktur wird etwas detaillierter im Beitrag Thunderbird Mailstore beschrieben.
Schritt 2: Sicherungskopie
Nach dem Synchronisieren aller Daten wurde eine Sicherungskopie des Imap-Ordners hergestellt, mit dem Ziel, sie zu einem späteren Zeitpunkt und in aller Ruhe in die Mailbox tom.test@clubcomputer.at
zu importieren: imap.univie.ac.at.zip
. Allein das Aufbauen der Daten im lokalen IMAP-Ordner hat mehr als einen Tag in Anspruch genommen.
Schritt 3: tom.test@clubcomputer.at (Ziel)
Jetzt wurde das Konto des zukünftigen Postfachs tom.test@clubcomputer.at
auf dem Server von ccc.at angelegt. Das Ziel war es, alle Mails vom Server der Uni-Wien in diese neue Mailbox zu übertragen, und das hat bei den ersten Versuchen in den letzten März-Tagen gut funktioniert.
Schritt 3a: Panik
Genau diesen Import habe ich mir am Sonntag Vormittag vorgenommen und kopierte die Inhalte der gesicherten Daten in den Ordner der Mailbox tom.test@clubcomputer.at
und startete danach den Thunderbird. Zuerst schaute alles gut aus, die Ordnerstruktur erschien im Posteingang – aber nur kurz, denn nach wenigen Augenblicken verschwanden die Ordner so schnell wie sie erschienen sind. Was war das?
Nach einer Schrecksekunde wurde klar: das war eine ganz normale Reaktion des Mailservers, denn diese Mails, die clientseitig angeboten wurden, gab es am Server nicht und daher löschte der Server die Mails und die zugehörigen Ordner. Diese lokalen IMAP-Ordner sind lediglich ein Abbild des Serverzustandes und dienen nur zum raschen Zugriff auf die Inhalte. Der Master ist der Server, nicht der Client. Der Server stellt immer denselben Zustand am Client ein, der am Server vorliegt. Und da es diese eigenmächtig eingespielten Mails am Server nicht gab, wurden sie auch gelöscht.
Warum ist mir das Ende März, bei den ersten Versuchen mit Thunderbird, nicht aufgefallen? Weil damals das ursprüngliche Konto tom.test@univie.ac.at
noch aktiv war und daher das lokale IMAP-Konto genau dem Zustand am Server der Uni Wien entsprach.
Was nun? Einerseits waren alle Mails und Ordner in der Sicherung vorhanden, anderseits wurden sie gelöscht, wenn man sie in ein neues Konto einhängt.
Schritt 4: Lokale Ordner
Die Lösung für dieses Dilemma waren die Lokalen Ordner. Das sind Speicherbereiche für Ordner und Mails, die nicht gleichzeitig mit einer korrespondierenden Mailbox auf einem Server verbunden sind. Diese lokalen Ordner haben ebenso ihren Speicherort am lokalen PC: <PC-Konto>\\Appdata\\Roaming\\Thunderbird\\Profiles\\123456.default-release\\Mail\\Local Folders
Wenn man nun die beiden Dateien INBOX
und INBOX.msf
und den Ordner INBOX.sbd
(aus dem ursprünglichen IMAP-Konto) in diesen Ordner für lokale Dateien ...\\Mail\\Local Folders
kopiert, erscheinen nach dem Neustart des Thunderbird diese Daten im lokalen Ordner. Uff!
Schritt 5: Kopieren der Ordner und Mails
Alle Dateien in der INBOX der Lokalen Ordner markieren (75073), über das Kontext-Menü die Option „Kopieren in“ und dann in den sich öffnenden Menüs den richtigen Zielordner auswählen. Das dauerte etwa 14 Stunden.
Danach werden die vorhandenen IMAP-Ordner vom Lokalen Ordner in das Zielkonto tom.test@clubcomputer.at
kopiert.
Fehler-1
Beim Kopieren von etwa 70.000 Mails aus einem Lokalen Ordner in den gleichnamigen IMAP-Ordner blieb die Übertragung bei etwa 40.000 Mails hängen. Fehlermeldung: Timeout. Alle anderen Ordner waren OK, aber dieser eine eben nicht.
Abhilfe: Alle bereits kopierten Mails löschen und noch einmal beginnen, allerdings nicht mit allen 70.000 Mails, sondern in jahrgangsweisen Portionen. Für die Jahre 2010,…2020 wurde je ein Unterordner angelegt, und es wurden nur jeweils die Mails eines Jahres in den jeweiligen Unterordner kopiert.
Fehler-2
Nachdem alle Ordner übertragen waren, stellt sich heraus, dass ein Teil der Ordner fehlte. Eine genauere Analyse des Mailstore (siehe Beitrag Thunderbird Mailstore), ergab, dass der Folder ImapMail
geringfügig anders mit derselben Ordnerstruktur umgeht als der Ordner Local Folders
.
Die Struktur ist so, dass für jeden Ordner jedenfalls eine Datei Ordnername.msf
existiert und dazu der Mailstore in einer gleichnamigen Datei ohne Dateiendung, also Ordnername
.
Wenn es aber keine Mails in einem Ordner gibt, sondern nur weitere Unterordner, dann existiert die Datei Ordnername
(ohne Erweiterung) nicht.
Das Programm, das den IMAP-Ordner ImapMail
verwaltet, weiß das und zeigt den (eigentlich leeren) Ordner dennoch an. Das Programm, das den Ordner Local Folders
verwaltet, zeigt diese Ordner nicht an und daher auch nicht deren Unterordner.
Abhilfe: Daher wurden die fehlenden Dateien zuerst händisch, dann mit einem Programm angelegt und danach die dann sichtbaren Ordner in das Konto tom.test@clubcomputer.at
übertragen. Wie dieses Problem letztlich behoben wurde, findet man im Beitrag Thunderbird Mailstore.
Fehler 3
Als alles schon fertig war, wurde im Mailclient https://mail.ccc.at ein Ordner umbenannt, und das hatte die unangenehme Wirkung, dass dieser Ordner im Ordnerverzeichnis des Thunderbird verschwunden ist.
Wenn man nachdenkt oder – so wie in meinem Fall – nachdenken lässt, stellt sich heraus, dass das geradezu so sein muss. Der Client stellt eine Beziehung zwischen einer Serverstruktur und einem clientseitigen Abbild her, Wenn man am Server diese Struktur – zum Beispiel durch Umbenennung – verändert, passt dieser neue Name nicht in die bestehende Struktur und wird daher vom Thunderbird am PC nicht mehr angezeigt und die dazugehörigen Mails werden gelöscht.
Keine Angst, die Mails sind nach wie vor vorhanden, nur man muss den Ordner mit dem neuen Namen dem Thunderbird bekannt geben. Man klickt im Thunderbird auf Datei -> Abonnieren. Dann sieht man alle Ordner, die es am Server gibt, die, die man am auch am Client sieht, sind angekreuzt. Man kreuzt die Fehlenden an, und die Sache ist erledigt. Achtung bei großen Verzeichnissen, die Aktualisierung der Daten am Client kann schon sehr lange dauern.
Franz war pensionierter HTL Lehrer (TGM), Präsident von ClubComputer, Herausgeber der Clubzeitung PCNEWS und betreute unser Clubtelefon und Internet Support. Er war leidenschaftlicher Rapid Wien Fan. Er ist leider Anfang Jänner 2024 nach langer schwerer Krankheit verstorben.
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