Wir haben bereits mehrmals über die Möglichkeit berichtet, mit dem deutschen Anbieter boon berührungslos mit dem Handy bezahlen zu können. Am 6.9.2016 gab es zu diesem Themenkreis einen eigenen Clubabend und danach folgende Beiträge:
- Elektronische Zahlungssysteme (2016-09-09)
- boon – Praxistest (2016-10-14)
- BOON – Kontaktlos bezahlen (2019-01-19)
Kurzfassung
Eine Handy-Bezahllösung, die für alle SIM-Karten funktioniert und die auch für blinde Menschen besten Bedienungskomfort bietet, ist boon. Seit 31.3. ist aber boon für Neukunden in Österreich nicht mehr verfügbar, weil man bei boon auf die Zahlungsgateways Google Pay und Apple Pay umgestiegen ist und diese zunächst nur in Deutschland funktionieren. Aber mit der Freigabe dieser Gateways in Österreich ist zu rechnen.
Es ist aber für bestehende Kunden möglich, boon weiterhin zu benutzen, trotzdem Google Pay hierzulande noch nicht verfügbar ist. Auch für Neueinsteiger sollte es möglich sein, boon zu installieren und zu aktivieren. Man muss aber dazu die zugehörigen APK-Dateien von „inoffiziellen APK-Servern“ downloaden.
Die folgende Erzählung zeigt, wie boon funktioniert und wie man den Gebietsschutz der Programme umgehen kann.
Vorgeschichte
Dieser Beitrag wurde aufgrund der Recherchen und Erfahrungen von Wolfgang Kremser mit dem Handybezahlsystem boon und dessen neuer Version erstellt. Wolfgang ist einer unser treuesten Gäste bei den Clubabenden, und er schafft aus seinem Handicap – Wolfgang ist erblindet – eine beeindruckende Expertise für die Verwendbarkeit elektronischer und taktiler Systeme. Eigentlich sollte jeder, der ein Werkl mit einem Benutzerinterface in die Welt setzt, zuerst Wolfgang fragen müssen, dann würde so manche Fehlkonstruktion gar nicht erst entstehen.
Erinnert Euch an die elektronische Geldbörse „Quick“ mit der man einen Geldbetrag auf die Bankomatkarte aufbuchen konnte und danach von dieser die täglichen Besorgungen begleichen konnte. Statt vieler einzelner Buchungszeilen am Kontoauszug stand dort nur ein einziger Betrag. Viele haben diese anonyme digitale Art des Bezahlens geschätzt. Weil aber der Nutzungsgrad zu gering war, hat SIX diesen praktischen Dienst ersatzlos eingestellt. Wolfgang benutzte Quick und suchte nach einem Ersatz und fand ihn im Handybezahlsystem boon.
Der Autor Franz hat sich den Wegen von Wolfgang angeschlossen und verwendet seit dem Clubabend im September 2016 ebenfalls dieses Bezahlsystem zur vollsten Zufriedenheit, bis uns am Jahresanfang 2019 eine Meldung von boon erreichte, dass das Zahlungssystem mit 31.3. in Österreich eingestellt werden würde. Aber kurz danach, am 23.1. 2019 – offenbar nach zahlreichen Protesten seitens der durchwegs zufriedenen Benutzer – gab es die Nachricht, dass es für die bisherigen österreichischen Benutzer eine Übergangslösung geben würde.
Wirecard
Die Bank hinter boon heißt „Wirecard“. Jeder Benutzer von Boon hat ein Konto bei Wirecard mit einer Deutschen IBAN. Man muss auf dieses Konto einen Geldbetrag überweisen und kann dann mit der Handy-App mit dieser Geldbörse bezahlen. Die Überweisung des Geldbetrags kann man mit einem Dauerauftrag erledigen oder mit einem automatischen Nachladen.
Wie funktionierte boon bisher?
boon besteht aus zwei Teilen:
- aus dem Interface zum Benutzer, das aus einem Kassabuch und dem Login mit Pin oder Fingerabdruck besteht
- aus dem Zahlungsgateway, dem boon-Konto. Das ist ein deutsches Konto mit einer deutschen IBAN.
Die Bezahlung mit boon erfolgte bisher so:
- Man öffnete die App und identifizierte sich mit PIN oder Fingerabdruck
- Man klickte auf das Bezahlsymbol und hat danach eine Minute Zeit, das Handy über das Terminal zu halten.
- Die boon-App buchte den Betrag von Konto ab; Das Guthaben musste natürlich ausreichend aufgeladen sein.
VerkäuferIn ist bei höheren Beträgen kurz erstaunt, dass keine Eingabe einer PIN-Nummer an ihrem Terminal verlangt wird. Aber man hat sich ja bereits vor der Zahlung an der App identifiziert. Insofern unterscheidet sich das System von den in Österreich üblichen Handybezahlsysteme.
Österreichischen Banken können auch!
Auch bei österreichischen Banken kann man sein Handy zahlungstauglich machen aber folgenden Einschränkungen:
Nur mit SIM-Karten von A1, Drei oder T-Mobile
Man kann bei einer österreichischen Bank eine Freischaltung der SIM-Karte für Bezahlen mit Handy aktivieren lassen, die Bedingung ist aber, dass die SIM-Karte von einem der drei Primär-Provider, also A1, T-Mobile oder Drei stammen muss; andere SIM-Karten werden nicht akzeptiert.
Pin-Nummer muss am Terminal eingegeben werden
Die mit diesem Handy-Payment verbundene App hat die Eigenschaft, dass sie die Eingabe der PIN-Nummer am Kassenterminal verlangt. Das mag nun auf den ersten Blick bedeutungslos sein, denn das muss man ja derzeit auch. Aber eine Handy-Bezahl-App kann sich der am Handy verfügbaren Sicherheitsmechanismen wie Entsperrcode, Fingerabdruck oder Muster bedienen und der Benutzer muss sich nicht mit einem fremden Gerät herumschlagen, denn genau das soll ja die Handy-App sein, ein Gerät, das man kennt, und dem man vertraut. Ist es aber bei der österreichischen Bankenlösung nicht!
Diese Einschränkung ist ganz besonders für Blinde einschränkend wie uns unser Mitglied Wolfgang bereits einige Male erklärt hat.
Warum kann boon etwas anbieten, was die österreichischen Banken verunmöglichen?
Die Antwort ist, dass jede Bank, die in einem Land des EU-Raums zugelassen ist, ihre Dienste in der gesamten EU anbieten kann und das ist bei boon der Fall. Wäre boon eine österreichische Bank, gäbe es diesen Dienst nicht. Ein Problem für die weitere Zukunft könnte sein, dass hinter boon eine englische Bank steht. Ob sich nun boon auch über einen Brexit hinaus halten wird können, werden wir erleben. Derzeit jedenfalls funktioniert boon sehr gut.
Google Pay und Apple Pay
In Deutschland ist Google Pay seit Juni und Apple Pay seit Dezember präsent. In Österreich steht der Start von Apple Pay offenbar unmittelbar bevor, von Google Pay ist noch nichts bekannt.
boon hat auf das Auftreten dieser Anbieter sofort reagiert und sein eigenes Zahlungsgateway eingestellt und durch Google Pay und Apple Pay ersetzt.
Im Jänner meldete das IT Finanzmagazin „Wirecard stellt eigenständiges Payment per boon ein – und setzt voll auf Google- und Apple Pay“ mit dem Nachtrag, dass die vorher angekündigte Einstellung des Dienstes in Österreich zurück genommen wird. Und tatsächlich kam punktgenau am 30.3. die Einladung zu einem Update der App auf die neuen Verhältnisse.
Einerseits stellt Wirecard das Zahlungsgateway über die eigene Bank ein, gleichzeitig werden Google Pay und Apple Pay als neue Zahlungsgateways in das Bezahlsystem eingebunden. Man kann also sagen, dass man als Besitzer eines Google Pay/Apple Pay-Kontos die Handy App boon als Bindeglied zum Bezahlterminal benutzt.
Im Play Store sucht man aber Google Pay vergeblich, denn diese App gibt es nur in Deutschland. Um sie auch in Österreich installieren zu können, muss man auf eine inoffizielle APK-Quelle zurück greifen und Google Pay mit der dortigen APK-Datei installieren. Danach kann man die boon-App mit dem Google Pay-Konto verbinden und verfügt danach über eine weitere Kreditkarte (die digitale von boon) im Verzeichnis der Zahlungsmittel.
boon in Österreich
Wie gesagt, bis 31. März hat boon in Österreich funktioniert, dann bekamen die Anwender die Einladung für einen Upgrade auf die aktuelle Version. Gut, das wurde durchgeführt, ebenso die Verbindung mit Google Pay. Dann, der Versuch einer Zahlung, mit dem Effekt, dass die Zahlung abgelehnt wurde.
Nach dem Studium des Kleingedruckten stellte sich heraus, dass boon in der Basic-Variante, die ich bis jetzt benutzt habe, keine Auslandszahlungen erlaubt. Und da ich in Wien bezahlt habe und das boon-Konto ein deutsches ist, wurde diese Zahlung eben abgelehnt. Daher musste ich zuerst auf boon-Plus upgraden. Dazu muss man die Kopie eines Identitätsausweises und die Kopie einer Bestätigung für die Wohnadresse uploaden. Ich kürze die Prozedur ab und zeige nur das Ergebnis, aber es hat einiger Uploads bedurft bis endlich meine Identität und Adresse akzeptiert wurde. (Personalausweis muss beidseitig kopiert werden, alle vier Ecken müssen sichtbar sein, eine Meldebestätigung genügt nicht, aber zwei Telekom-Rechnungen mit Adressangabe waren schließlich ausreichend).
Die folgenden Bilder zeigen die Einbindung von Google Pay als Zahlungsgateway, die Ablehnung einer Zahlung, den Upgrade zu boon-Plus, die Aufladung mit 50 Euro und die Bezahlung einer Hofer-Rechnung. Die Bezahlung erfolgt mit der Verbindung mit Google Pay noch schneller, weil man die Boon App nicht öffnen muss. Sie wird durch die Annäherung des Handy an das Terminal automatisch aufgerufen und man muss nur noch mit dem Fingerabdruck oder der PIN-Nummer die Zahlung bestätigen. Die monatliche Gebühr für den Dienst beträgt 1,49 Euro.
Links
- boon Supportseite
- boon. Pay, kontaktloses Bezahlen (Google Play Link)
- boon jetzt dank Google Pay für alle Android-Nutzer in Deutschland verfügbar.
- Wirecard stellt eigenständiges Payment per boon ein
- Google Pay in Österreich nutzen
- Boon Pay APK
- Aus für die Maestro-Bankomatkarte: Erste Bank bringt neue Debit-Karte (futurezone)
- Inoffizielle APK-Quellen
Franz war pensionierter HTL Lehrer (TGM), Präsident von ClubComputer, Herausgeber der Clubzeitung PCNEWS und betreute unser Clubtelefon und Internet Support. Er war leidenschaftlicher Rapid Wien Fan. Er ist leider Anfang Jänner 2024 nach langer schwerer Krankheit verstorben.
Auf zwei Bildern sehe ich eine Gebühr von 1,49 EUR. Was hat es damit auf sich?
Danke für den Hinweis! Die Benutzung von boon kostet 1,49 pro Monat. Ich habe das im Text eingefügt.