Versorgung mit elektrischer Energie

Das Europäische Verbundsystem ist ein europaweites engmaschiges Netz aus Hoch- und Höchstspannungs-Leitungen zur Stromverteilung. Es existieren in Europa mehrere solche Verbundsysteme parallel, welche alle mit Wechselspannung bzw. Dreiphasenwechselstrom betrieben werden. Der Vorteil eines solchen Netzes ist, dass Schwankungen erheblich besser ausgeglichen werden können als wenn jedes Land ein eigenes alleinstehendes Netz hätte. Fällt zum Beispiel ein Kraftwerk aus, so verändert sich die Netzfrequenz des Netzes nicht zu stark nach unten.

Die Union for the Co-ordination of Transmission of Electricity (UCTE) ist für die Koordinierung des Betriebes und für die gemeinsame Erweiterung des Übertragungsnetzes in West- und Zentraleuropa zuständig. Aus technischen Gründen nicht dem UCTE-System zugehörig sind die eigenständigen Verbundnetze der Inselstaaten Irland, Großbritannien, Malta und Zypern. 2009 übernahm die  ENTSO-E (European Network of Transmission System Operators for Electricity; www.entsoe.eu) an die organisatorischen Aufgaben der UCTE und kümmert sich um die laufende Weiterentwicklung des europäischen Verbundnetzes.

Regelverbünde innerhalb der ENTSO-E
RG … regional group

Die Stromnetze der nordeuropäischen Staaten Finnland, Schweden, Norwegen, Island und der dänischen Inseln Seeland, Falster, Lolland und Bornholm (ohne Jütland und Fünen) gehören dem Stromverbund NORDEL an. Die räumlich größte Ausdehnung bis in den asiatischen Raum weist der Regelbereich des russischen Verbundsystems und der angrenzenden Staaten wie die Ukraine auf.

Ein kleines, eigenständiges Verbundsystem existiert auch zwischen den Bahnstromnetzen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz (Einphasen-Wechselspannung mit eigener Frequenz von 16,7 Hz und 15 kV Spannung). (Anmerkung: Die Mariazellerbahn fährt allerdings mit 25 Hz!)

Ein Regelverbund besteht aus vielen Regelzonen, wobei innerhalb des Verbunds die Frequenz und Phasenlage des Drehstroms konstant gehalten wird. Österreich besteht aus einer einzigen Regelzone, die von der Austrian Power Grid AG (www.apg.at; 100 %-Tochterunternehmen der Verbund AG) betrieben wird. Die APG ist unter anderem verantwortlich für den Betrieb des 380-kV-Hochspannungsrings und der Hauptschaltleitung im Umspannwerk Wien-Südost. Auch die Schweiz hat nur eine Regelzone, der entsprechende Netzbetreiber heißt Swissgrid.

In Deutschland gibt es vier Regelzonenbetreiber (auch: Transmission System Operators = TSO oder Übertragungsnetzbetreiber) und damit vier Regelzonen:

  • Amprion (vormals RWE Transportnetz Strom GmbH), umfasst heute das frühere Netz der RWE und der VEW,
  • TransnetBW GmbH, umfasst das Netz der früheren Badenwerk AG und der EVS (Energie-Versorgung Schwaben AG),
  • TenneT TSO GmbH (vormals E.ON Netz GmbH, jetzt im Besitz der niederländischen Tennet), umfasst heute das frühere Netz von PreussenElektra und der Bayernwerk AG, und
  • 50Hertz Transmission (vormals Vattenfall Europe Transmission GmbH), umfasst heute das frühere Netz der VEAG, der BEWAG und der HEW. 50Hertz wurde im März 2010 an einen australischen Investmentfonds und Elia, den belgischen TSO, verkauft. Damit ist die Idee der deutschen Bundesregierung, die vier deutschen TSO in einen einzigen zu vereinigen, hinfällig.

Diese vier Regelzonen bilden seit 2008 einen gemeinsamen Netzregelverbund, an dem seit 2012 auch Nachbarländer wie Dänemark, die Niederlande, die Schweiz, die Tschechische Republik und Belgien teilnehmen.

Netze bzw. Regelverbünde mit unterschiedlicher Netzfrequenz oder asynchroner Phasenlage sind durch Gleichstrom-Kurzkupplungen (engl. Back-to-Back-Stations) miteinander verbunden. Eine große Anlage steht in Wyborg (Russland) und verbindet das russische mit dem finnischen Stromnetz. Die im Umspannwerk Südost befindliche Gleichstrom-Kurzkupplungsanlage wurde 1995/96 stillgelegt, da die Stromnetze West- und Osteuropas synchrongeschlossen wurden.

In mehreren Phasen erfolgte die Strommarktliberalisierung; die erste EU-Richtlinie dazu stammt aus dem Jahr 1996, der österreichische Strommarkt ist seit 01.10.2001 geöffnet. Ein zentraler Bestandteil dafür war das sogenannte „Unbundling“, d.h. die Trennung zwischen Netzen (Übertragungs- und Verteilernetzen) und Wettbewerb (Erzeugung, Vertrieb, Handel):

NetzErzeugung, Vertrieb, Handel
APG: koordiniert 122 verschiedene Netzbetreiber APG = 100 %-Tochter der Verbund AG, aber organisatorisch unabhängig! Der Kunde schließt mit dem Netzbetreiber einen Netznutzungsvertrag ab. Der Netzbetreiber ist nicht frei wählbar. Die Netztarife sind behördlich geregelt. Als Regulator tritt die E-Control auf (www.econtrol.at). Der erste Ansprechpartner nach einem Stromausfall ist der Netzbetreiber und nicht der Stromanbieter. Beispiele: Netz Niederösterreich GmbH (www.netz-noe.at, Tochter der EVN AG) Netz Oberösterreich Strom GmbH (www.netzooe.at) Energie Netze Steiermark GmbH (www.e-netze.at)KNG (Kärnten Netz GmbH; http://kaerntennetz.at) E-Werk Wüster KG (Ybbs; www.wuesterstrom.at) Anton Kittel Mühle Plaika GmbHEnergieversorgungsunternehmen (EVU): Der Kunde schließt mit dem Stromanbieter (Lieferanten) einen Stromliefervertrag ab. Der Kunde kann seit 2001 den Stromlieferanten frei wählen. Die Anbieter stehen im freien Wettbewerb. Beispiele:

Verbund AG (www.verbund.at) EVN AG (www.evn.at)
Energie AG Oberösterreich (www.energieat.at)
Energie Steiermark Kunden GmbH
KELAG AG (www.kelag.at)
Linz Strom Vertrieb (www.linzag.at)
OMV AG
Wien Energie GmbH (www.wienenergie.at)

Netz

APG: koordiniert 122 verschiedene Netzbetreiber

APG = 100 %-Tochter der Verbund AG, aber organisatorisch unabhängig!

Der Kunde schließt mit dem Netzbetreiber einen Netznutzungsvertrag ab. Der Netzbetreiber ist nicht frei wählbar. Die Netztarife sind behördlich geregelt. Als Regulator tritt die E-Control auf (www.econtrol.at).

Der erste Ansprechpartner nach einem Stromausfall ist der Netzbetreiber und nicht der Stromanbieter.

Beispiele:

Erzeugung, Vertrieb, Handel

Energieversorgungsunternehmen (EVU):

Der Kunde schließt mit dem Stromanbieter (Lieferanten) einen Stromliefervertrag ab. Der Kunde kann seit 2001 den Stromlieferanten frei wählen. Die Anbieter stehen im freien Wettbewerb.

Beispiele:

Schließlich gibt es noch Marken, wobei jedem Stromanbieter freisteht, verschiedene Marken anzubieten:

  • Drei Energie (Marke der easy green Energy GmbH & Co KG)
  • Lidl Energie (Marke der easy green Energy GmbH & Co KG)
  • Unsere Wasserkraft (Marke der easy green Energy GmbH & Co KG)
Grafik: http://oesterreichsenergie.at 

Eine der Hauptaufgaben der Regelzonenbetreiber ist die Konstanthaltung der Netzfrequenz. In jedem Moment muss die in Kraftwerken erzeugte Wirkleistung genau mit der an den Verbrauchern aufgenommenen Wirkleistung übereinstimmen. Wird zu viel elektrische Energie erzeugt, so steigt die Netzfrequenz, da die überschüssige Energie die Drehzahl der Generatoren erhöht. (Anschaulich: Die Generatoren drehen bei niedrigem Verbrauch leichter und schneller bzw. tun sie sich bei größerem Verbrauch schwerer und drehen langsamer.) Der „Normalbetrieb“ ist möglich, wenn die Netzfrequenz zwischen 49,8 und 50,2 Hz liegt.

Bei Überfrequenz („zu viel Strom im Netz“) müssen daher die Einspeiseleistung von Kraftwerken schrittweise reduziert werden. Das kann durch Zurückfahren von Wind- und Solarkraftwerken, aber auch Gaskraftwerken geschehen.

Bei Unterfrequenz („zu wenig Strom im Netz“) werden zunächst Leistungsreserven von den Kraftwerksbetreibern aktiviert. Sinkt die Netzfrequenz unter 49,0 Hz, so wird nach und nach Last abgeworfen, d.h. es werden bestimmte Bereiche vom Netz getrennt. Unterhalb von 47,5 Hz werden alle Kraftwerke vom Netz genommen („Blackout“) und das Netz danach neu aufgebaut.

Die aktuelle Netzfrequenz für die APG-Regelzone kann unter folgender Web-URL abgefragt werden: https://www.apg.at/de/markt/Markttransparenz/Netzregelung/Netzfrequenz

Folgende Leistungsreserven können unterschieden werden:

  • Primärregelreserve: Einsatz innerhalb von 30 Sekunden; wird bereits bei Abweichungen von +/- 0,01 Hz aktiviert. Im Netz von Kontinentaleuropa wird eine ständige Primärregelreserve von +/- 3000 MW ständig bereitgehalten; davon entfällt auf die APG etwa +/- 70 MW
  • Sekundärregelreserve: Einsatz innerhalb von 5 Minuten
  • Tertiärregelreserve oder Minutenreserve: Einsatz innerhalb von 15 Minuten

Diese Leistungsreserven werden von bestimmten Kraftwerken bereitgestellt.

Zusätzlich stehen folgende Möglichkeiten zur Verfügung:

  • Kurzfristige Börsengeschäfte
  • Notreserven bei anderen Netzbetreibern

Eine weitere Aufgabe der Regelzonenbetreiber ist die Blindleistungskompensation. So wie die verfügbare Wirkleistung eine direkte Auswirkung auf die Netzfrequenz hat, so wirkt sich die Blindleistung auf die Netzspannung aus. Bisher war das kaum ein Problem, da Blindleistung vor allem durch Generatoren von konventionellen Großkraftwerken bereitgestellt wurde. Im Zuge der „Energiewende“ gehen aber viele dieser Kraftwerke vom Netz. Heute werden dazu „Drosselspulen“ eingesetzt, die immer dann ins Netz geschaltet werden, wenn die Spannung auf einer Leitung zu hoch ist. Ist die Spannung zu niedrig, kommen Kondensatorbänke zum Einsatz. Teilweise werden auch leistungselektronische Kompensationsanlagen sowie Synchrongeneratoren („rotierende Phasenschieber“) eingesetzt.

Die 2013 eröffnete Blindleistungs­kompen­sationsanlage der TransnetBW in Englstatt. Im Vordergrund sieht man die drei Drosselspulen, dahinter die Kästen mit den Kondensatoren. (Quelle: www.transnetbw.de )

Netzebenen: In Deutschland, Österreich und der Schweiz ist die Strukturierung und Verrechnung des elektrischen Energieversorgungsnetzes in 7 Netzebenen gegliedert:

  • Ebene 1: Höchstspannungsnetz mit 380/220 kV (wird in Österreich ausschließlich von der APG betrieben) – Übertragungsnetz überregional
  • Ebene 2: Umspannung zwischen Höchst- und Hochspannungsnetz
  • Ebene 3: Hochspannungsnetz mit 110 kV – Verteilnetz regional
  • Ebene 4: Umspannung zwischen Hoch- und Mittelspannungsnetz
  • Ebene 5: Mittelspannungsnetz mit verschiedenen Spannungen, etwa 10 kV – 36 kV
  • Ebene 6: Umspannung zwischen Mittel- und Niederspannung (Trafostation)
  • Ebene 7: Niederspannungsnetz mit 400/230 V (Endverbraucher)

Die Versorgungssicherheit von Stromnetzen gehorcht der “n-1-Regel“, d.h. bei Ausfall einer Hochspannungsleitung, eines Kraftwerks oder eines Umspannwerks wird durch Umleitung der Gesamtbetrieb ungestört aufrechterhalten.

Wie man an der folgenden Abbildung (Quelle: APG) erkennen kann, unterliegt der Stromverbrauch periodischen Schwankungen („Tagesgang“). Während Laufkraftwerke in Österreich einen etwa gleichbleibenden Sockelwert liefern, muss die Spitzenabdeckung durch andere Energieerzeuger erfolgen. Dafür kommen vor allem Speicherkraftwerke (Kaprun, Maltatal/Kölnbreinsperre) in Frage. Gut erkennbar sind die großen Schwankungen bei der Erzeugung von Energie durch Windkraftwerke und Photovoltaik-Anlagen.

Die Windkraftanlagen sind vor allem im Osten Österreichs vorhanden. Der dort erzeugte, aber nicht benötigte Strom sollte nun gespeichert werden – dafür kommen derzeit nur die Pumpspeicherkraftwerke in Frage, die sich allerdings im Westen Österreichs befinden. Für den Energietransport benötigt man daher leistungsfähige Leitungen.

In der folgenden Abbildung ist erkennbar, dass der 380 kV-Hochspannungsring Lücken aufweist. So fehlt eine 380 kV-Leitung durch Salzburg und eine weitere Leitung durch Kärnten. Der Transport großer Energiemengen von Osten nach Westen ist also derzeit nicht möglich.

Im APG-Masterplan 2030 sollen folgende TOP 10-Projekte realisiert werden:

Freileitungen

Man kann die Betriebsspannung einer Freileitung durch bloßes Betrachten nicht erkennen. Anhand der Isolatoren ist es jedoch möglich, zu erkennen, wie hoch die maximale Bemessungsspannung sein kann.

Die tatsächliche Betriebsspannung kann niedriger als die Bemessungsspannung sein und „passt“ dann nicht zu der Länge der Isolatoren. Die tatsächliche Betriebsspannung ist nur dem Netzbetreiber bekannt.

Niederspannungsnetz

400 V
Länge der Isolatoren: 0,1 m
Masthöhe: ca. 8 – 12 m

Mittelspannungsnetz

20 kV
Länge der Isolatoren: 0,25 m
Masthöhe: ca. 10 – 16 m

Hoch- und Höchstspannungsnetz

110 kV
Länge der Isolatoren: 1,1 m
(eine Kette)
220 kV
Länge der Isolatoren: 2,2 m
(zwei Ketten)
380 kV
Länge der Isolatoren: 3,3 m
(drei Ketten)
110 kV
Masthöhe: ca. 25 – 30 m
Masthöhe: ca. 35 – 75 m (links 220 kV, rechts 380 kV)

Die Höhen einzelner Masten können in Abhängigkeit von der Spannfeldlänge (= Abstand zwischen zwei Masten), der Anzahl der Traversen und dem Gelände (Acker, Hügel, Fluss) stark von diesen Angaben abweichen. Als Leiterseil kommen Kupfer, Kupferlegierungen, Aluminium und Aluminium-Stahl-Seile zum Einsatz; Aluminiumseile hauptsächlich im Niederspannungsnetz. Bei einem Aluminium-Stahl-Seil werden durch den Stahlseil-Anteil die mechanische Zugfestigkeit und über den Aluminium-Anteil die gute elektrische Leitfähigkeit realisiert.

Bauweisen von Freileitungsmasten

Ein typischer Freileitungsmast besitzt einen oder mehrere Querträger – die sogenannten Traversen. Daran hängen Isolatoren, an denen Leiterseile befestigt sind. Durch diese fließt der Strom. Es handelt sich in der Regel um Verbundseile mit einem Stahlkern und einem Aluminiummantel, die je nach Übertragungsleistung unterschiedliche Querschnitte haben. Für die Spannung von 380 Kilovolt kommt üblicherweise ein sogenanntes Viererbündel aus vier Seilen je Phase zum Einsatz. Zu einem Stromkreis gehören jeweils drei Phasen. Ein Freileitungsmast trägt im Regelfall mehrere Stromkreise.

Die Isolatoren werden heutzutage aus Kunststoff gefertigt, bestehen meistens aus Porzellan, können aber auch aus Glas oder Keramik hergestellt sein. Sie trennen die hohen Spannungen der Freileiterseile von den geerdeten Masten und verhindern, dass Strom von den Seilen auf die geerdeten Masten übertragen wird. Zum Blitzschutz der spannungsführenden Leiterseile verläuft von Mastspitze zu Mastspitze ein Erdseil.

Tonnenmasten verfügen auf jeder Seite über drei Traversen und tragen in der Regel zwei Stromkreise. Deren drei Phasen sind jeweils untereinander angeordnet. Sie kommen mit schmaleren Trassen aus und werden bevorzugt dort eingesetzt, wo die Trassenbreite begrenzt ist, etwa wenn Waldgebiete durchquert werden müssen.
Einebenenmasten haben auf jeder Seite jeweils nur eine lange Traverse mit den drei Phasen auf einer Ebene nebeneinander. Diese Masten sind besonders niedrig, erfordern jedoch breite Trassen: Sie werden vor allem verwendet, wenn die Masten nicht zu hoch sein dürfen, beispielsweise in der Nähe von Flughäfen.
Bei Donaumasten befinden sich auf der unteren Traverse zwei und auf der oberen Traverse ein Leiterbündel pro Stromkreis. Damit sind sie niedriger als Tonnenmasten und benötigen eine geringere Trassenbreite als Einebenenmasten.

Moderne Freileitungen werden nicht mehr mit Kupferseilen ausgestattet, da Kupfer zu teuer und zu schwer ist.

Die Leitungen bis 110 kV bestehen in der Regel aus einem Einfachseil. 220 kV- oder 380 kV-Leitungen werden in der Regel als Bündelleiter (Zweier-, Dreier-, Vierer-Bündel) ausgeführt.

Erdkabel: Neben Freileitungen werden auch Kabel zur Übertragung elektrischer Energie eingesetzt. Im Bereich der Mittel- und Niederspannung werden heute fast ausschließlich nur noch Kabelanlagen neu gebaut.

Niederspannungskabel

Mittelspannungskabel

380 kV-Hoschspannungskabel

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