Kaufhaus Österreich
Harald ist Schüler einer 2. HTL-Klasse.
Eine Realsatire zur Webseite https://www.kaufhaus-oesterreich.at/
Lieber Harald!
Die Aufgabe in der letzten Hausübung war das Erstellen eines Webshops. Ich habe mir deine Arbeit angesehen – du hast dich ja wirklich sehr bemüht. Aber trotzdem sind mir ein paar Dinge aufgefallen, die du noch verbessern solltest.
Wenn ich nach „Elektronik-Artikeln“ suche, finde ich zum Beispiel Büromöbel, Infrarotheizungen und eine App für ein Fotobuch. Und du weißt schon, dass 6,3 km mehr sind als 5 km ? ich habe den Suchradius auf 5 km eingestellt und Geschäfte gefunden, die viel weiter weg sind.
Dann wollte ich Katzenfutter suchen und bin schon wieder in einem Bürogeschäft gelandet. Mir ist klar, dass du alle deine Freunde gebeten hast, dir beim Eintragen von Geschäften zu helfen, damit mehr auf der Seite steht. Trotzdem musst du darauf achten, dass die Einträge mit den Kategorien übereinstimmen. Wenn das eine echte Seite wäre, würden die Kunden nach ein paar Versuchen nie wieder kommen.
Vielleicht willst du dich auch entscheiden, ob du Google Maps oder die basemap.at verwenden willst: ein Ort wird in der basemap angezeigt, aber die Wegbeschreibung kommt mit Google Maps. Es ist ja ein wenig verwirrend, wenn man zwei Karten abwechselnd angezeigt bekommt.
Dann habe ich Gastronomie und Essenszustellen in einem Umkreis von 5 km gewählt. Angeboten wird ein Geschäft in Salzburg, das Kinderkleidung verkauft, aber in die Kategorien „Gastonomie und Essenszustellung“ und „Bücher, Papier- und Spielwaren“ eingereiht ist.
Nun, ich wollte eine Pizza und die werde ich bei der Kinderkleidung vermutlich nicht finden. Und überhaupt: wird mir eine Pizza aus Salzburg zugestellt? Karli hat doch ein Referat über das Thema gehalten, wie man eine Entfernung L auf der Erde ausrechnet. Wenn du es vergessen hast: du findet die Anleitung auf https://de.wikipedia.org/wiki/Orthodrome:
Dann wollte ich die Entfernung auf 2 km einstellen. „50 km“ sind voreingestellt. Wenn ich jetzt der Reihe nach beginne die Zeichen zu löschen, passiert etwas merkwürdiges: ich lösche das „m“ – und es ist sofort wieder da. Wie hast du denn das gemacht? Wie auch immer – ändere es!
Es ist auch keine gute Idee, die Maßeinheit in das Eingabefeld zu schreiben, vor allem, wenn ja nur „km“ zulässig sind.
Nun, es müssen mindestens 5 km sein – die stellt das Programm automatisch selbst ein. Das hast du gut gemacht. Aber daneben steht nun:
„Der eingegebene Wert liegt außerhalb des Grenzwertes (5 – 1000 km)“.
Also: erstens liegt 5 schon innerhalb von 5 und 1000 und zweitens sind es Grenzwerte.
Wenn ich die Seite neu aufrufe, werde ich gefragt, ob das Programm meinen Standort erfragen darf. Das ist in Ordnung und deshalb stimme ich zu. Aber wenn ich die Seite wieder aufrufe, werde ich wieder gefragt. Das ist nicht notwendig. Du erinnerst dich doch sicher, was wir über Cookies gelernt haben?
Ich habe gesehen, dass du sogar eine eigene Domäne reserviert hast. Aber denke daran: es könnte ja jemand zufällig deine Seite finden und glauben, dass er in deinem „Kaufhaus“ wirklich etwas bestellen kann. Also nimm bitte die Seite wieder vom Netz. Ich denke auch, dass „kaufhaus“ keine gute Wahl ist. Vielleicht fällt dir ein besserer Name ein.
Alles in allem: für die zweite HTL-Klasse eine brave Hausübung. Aber da wir doch darüber gesprochen haben, wie eine Seite nicht aussehen soll, und trotzdem einige Fehler enthalten sind, bekommst du nur ein „Befriedigend“ auf die Arbeit. Und wenn du in der fünften Klasse bist, dann darfst du gerne einmal eine richtige Webseite machen.
Noch etwas: du hast gefragt, ob man diese Webseite um 700.000 € verkaufen kann. Nein, das geht nicht, da ist schon noch etwas nachzubessern.
Dein Lehrer Anton
Nachsatz: Die Seite „Kaufhaus Österreich“ gibt es wirklich. Siehe https://www.krone.at/2168758
Sie wurde von der Ministerin Margarete Schramböck und dem WKO-Präsidenten Harald Mahrer am 30. November 2020 dem staunenden Publikum vorgestellt. Die kolportierten Kosten betragen rund 700.000 €.
Martin Weissenböck hat die HTL 3 Rennweg 23 Jahre lang geleitet, schreibt Skripten, Lehrbücher und Artikel für die PCNEWS, leitet die Arbeitsgemeinschaft für Didaktik, Informatik und Mikroelektronik (ADIM) und den Verein SCHUL.InfoSMS. Er hält Vorträge und ist Lehrbeauftragter an der Technischen Universität Wien.
Bisserl spät dran, die Kaufhaus-Satire, aber sie ist auffallend gut und leider sehr wahr. Ich hab sie genossen.
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Ich hab mich damals schon halb tot gelacht über das Kaufhaus, noch mehr aber über Tanta Margarete und Onkel Harald – die haben wohl ganz dringend eine heftige Blamage gebraucht. Und dann über die Reaktionen auf alle drei.
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Heute habe ich wieder lachen müssen.
Made my day again!
Ist das nicht ein bisschen herabwürdigend, dem armen Kerl ein „befriedigend“ umzuhängen ?
Und angesichts der jährlichen PISA-Ergebnisse schätze ich seine abgegebene Leistung trotzdem als überdurchschnittlich ein. Selbst für eine HTL.
Soooo, und was das Kaufhaus Österreich angeht. Was solls. Der eine hat seine Pferde, der andere sein Pop-up-Gehsteig-Gedöhns, und der dritte eben eine Webseite. Steuergeld bei der Arbeit. Das wird schon mit der Zeit…
Typische „Leistung“ der WKO und seines Opernball-Logenkäufers (das kann er nämlich, natrülich auf Kosten der Zwangsmitglieder) Mahrer.
Ich habe nach einem Standard-Bericht noch vor diesem hervorragendem Artikel die Seite aufgerufen und habe nach 3 Eingaben frustriert aufgegeben.
Und wieder schlägt die Realität alle Befürchtungen. Heute (10.2.2021) wird bekannt:
(1) Die Seite kostete 1 260 000 €
(2) Monatliche Kosten: mehr als 5 000 €
(3) Die Seite wird ohne Suchfunktion weitergeführt und zu einem Firmenverzeichnis umgebaut
(4) Frau BM Schramböck ist auf 12 000 000 Zugriffe stolz. Vermutlich wollten 11 999 990 Besucher sehen, wie man es nicht machen soll.
Mehr:
https://www.krone.at/2338072
https://www.derstandard.at/story/2000124016730/kaufhaus-oesterreich-schrecken-mit-ende
https://www.heute.at/s/kaufhaus-oesterreich-war-doppelt-so-teuer-wie-gedacht-100127025
https://neuezeit.at/kaufhaus-oesterreich-sperrt-zu-kossten/
Also diese Herabwürdigung einer honorigen Ministerin widerstrebt mir zutiefst und entspricht auch nicht unserem clubinternen Wertekanon.
Immer alles so negativ sehen. Immerhin hat man ihr bis jetzt noch keine Plagiatsfälschung bei ihren Abschlüssen nachweisen können.
Und ausserdem ist Geld genug da. Auch wenns nicht das eigene ist.
Nicht vergessen:
Kurt Tucholsky fordert: „Ironisches hierzulande – kursiv“.
Oder für IT-Menschen: …
Mehr dazu: https://www.teetalk.de/forums/topic/1490-sarkasmus-und-ironie-richtig-darstellen/
Danke für den Tip: Nur beim Eingangspost vermisste ich ebenso diese Kennzeichnung.
Nebenbei angemerkt: Mein Post war nicht wirklich ironisch ausgelegt. Mir fiel das anfangs auch schwer.
Aber mit Haltung, Moral und dem Herausstreichen noch so marginaler, positiver Ansätze kommt man heute einfach viel weiter. Und ist vor allem immer auf der richtigen Seite.
Zurück zum Thema: Für das Endlager Brüssel ist sie noch zu jung und in der freien Wirtschaft wahrscheinlich nicht die bevorzugte Zielgruppe.
Lassen wir sie doch einfach dort. Wirtschaftlich vollversorgt,machen die paar Mille das Kraut auch nicht mehr fett. Das muß eine Demokratie aushalten….
@martin_weissenböck…trotzdem Danke fürs Feedback und bleibe mir weiterhin gewogen.
das gilt selbstredend auch für die stillen Mitleser…
lg. günter