EU Roaming ab 2022
Die gute Nachricht
Die gute Nachricht zuerst: Roaming zu Preisen wie zu Hause gibt es innerhalb der EU weiterhin.
(Exakte Gebietsbeschreibung:
https://www.rtr.at/TKP/was_wir_tun/telekommunikation/konsumentenservice/information/informationen_fuer_konsumenten/Liste_Laender_und_Gebiete_EU.pdf)
Nun, es wäre wohl sehr schlecht für den europäischen Gedanken gewesen, diese Errungenschaft mit Ende Juni 2022 auslaufen zu lassen. Gilt natürlich nicht für das Land von Boris Johnson und für dessen Bürger: da wird wieder fleißig mit Auslandstarifen Geld gescheffelt. Beispiel: 2 GBP (ca. 2,40 €) pro Tag für das Roaming wie zu Hause. Siehe https://www.bbc.com/news/business-45064268. Zwar wurde den Bürger des United Kingdom (Achtung: „Groß-Britannien“ ist nur mehr bei der Währungsabkürzung aktuell, vielleicht schon als Vorgriff auf diverse Separationsbestrebungen) versprochen, dass auch nach dem Brexit das europaweite Telefonieren, SMSen und Internetten günstig bleiben wird – aber was wurde in dem Zusammenhang nicht alles versprochen.
Aber zurück zum Thema:
Die sehr gute Nachricht lautet: es wird ab 1. Juli 2022 noch billiger.
Surfen im Ausland
Wie werden Kosten für das Surfen im Ausland berechnet? Wie schon in den PCNEWS 161 http://d.pcnews.at/_pdf/n161.pdf#page=15 oder https://clubcomputer.at/2019/02/04/roaming-fallen/ erklärt: Die Datenmenge in Gigabyte, die ohne Zusatzkosten in der EU und in drei EWR-Staaten verwendet werden kann, errechnet sich aus den monatlichen Nettokosten in € (also exklusive Umsatzsteuer) mal 2 geteilt durch die Preisobergrenze auf der Vorleistungsebene.
Die Preisobergrenze auf der Vorleistungsebene ist der Betrag, den die Betreiber untereinander verrechnen. 2019 waren es noch 4,50 €/GB. Für 2022 gelten 2 €/GB, für 2023 1,8 €/GB, für 2024 1,55 €/GB, für 2025 1,3 €/GB, für 2026 1,1 €/GB und für 2027 1 €/GB.
Fassen wir alle Konstanten zusammen, dann ergeben sich bei 20% MWSt (dem aktuellen Steuersatz) folgende Faktoren:
2022 0,8333 GB/€
2023 0,9259 GB/€
2024 1,0752 GB/€
2025 1,2821 GB/€
2026 1,5151 GB/€
2027 1,6667 GB/€
Das ist doch recht erfreulich!
Beispiel für 2022: 9,90€ Monatsgebühren (inkl. MWSt) * 0,8333 GB/€ gibt 8,25 GB, die in der EU ohne Zusatzkosten für das Surfen verwendet werden können. Die Datenmenge eines Vormonats (Datenreserve) kann dabei allerdings nicht mitgenommen werden.
Maximale Kosten
Der maximale Preis plus Vorleistungsentgelt darf folgende Grenzen inkl. MWSt. nicht überschreiten (Zahlen vom Jänner 2021):
0,228 € pro aktiver Minute
0,0072 € pro SMS
0,24 € pro MB
0,009 € pro passiver Minute
Im Detail:
Anrufe
Für Anrufe von Österreich in die restlichen EU-Staaten dürfen auf der Vorleistungsebene von 2022 bis 2024 maximal 0,022 €, danach 0,019 € verrechnet werden. Das sind nicht die verrechneten Gebühren: die Anbieter verrechnen Aufschläge bis maximal insgesamt 0,228 € (brutto) pro Minute.
Rühmliche Ausnahme: Spusu verrechnet bei Gesprächen von Österreich in die EU auch nur den Inlandstarif.
SMS
Schließlich wieder die SMS-Kosten auf der Vorleistungsebene: 0,004 € für 2022 bis 2024. danach 0,003 €. Die tatsächlich verrechneten Kosten sind höher, maximal 0,0072 € inkl. Mwst.
Die schlechte Nachricht
Und zum Schluss noch die schlechte Nachricht: einige Provider bieten eine Einstellung an, mit der das EU-Roaming möglich, das Nicht-EU-Roaming aber gesperrt ist. Bei HoT und spusu klappt das schon lange (siehe auch dazu http://d.pcnews.at/_pdf/n161.pdf#page=15 oder https://clubcomputer.at/2019/07/21/roaming-fallen/). Aber wie schaut das bei anderen Anbietern aus? Nehmen wir zum Beispiel bob:
Wenn ich in Vorarlberg unterwegs bin, kann ich im österreichischen und im deutschen Netz problemlos surfen. Was aber, wenn sich dann Handy selbstständig in einem schweizer Netz anmeldet? Den aktuellen Tarif zum Surfen in der Schweiz findet man nach einiger Suche unter
https://www.bob.at/wp-content/uploads/bob_weltweit_02_DatenMMS_1-6-2021.pdf
Für die Schweiz gilt somit: Zone 2, 1,49 € (inkl. MWSt) pro 100 KB. Das sind 14.900,00 € pro Gigabyte, kein Rechenfehler! (Anmerkung: ein (weiteres) GB kostet in Österreich 6 €, somit fast das 2.500-fache in der Schweiz. Auch die oft erwähnte automatische Warnung oder Sperre bei 60 € Roamingkosten inklusive MWSt) hilft auch nicht viel, da die Grenze bereits mit vier übertragenen Megabyte und somit nach ein paar Sekunden oder sogar Sekundenbruchteilen erreicht wird.
Auf https://www.rtr.at/TKP/was_wir_tun/telekommunikation/konsumentenservice/information/informationen_fuer_konsumenten/TKKS_BetreiberMN.de.html hat die RTR eine Liste aller kundenfreundlichen Anbieter (mit sogenannter selektiver Roamingsperre) veröffentlicht. Und noch ein Wermuthstropfen: trotz des sonst so fairen, kundenfreundlichen und günstigen Angebots von Spusu gibt es diese selektive Sperre nicht bei Wertkarten. Auch dort gilt es, auf die erwähnte Kostenfalle aufzupassen. Wäre nett, auch diese Schwachstelle zu beseitigen.
Meine Anfrage dazu an Bob:
Guten Tag! Gibt es eine Einstellung, mit der das Roaming außerhalb der Zone 1 gesperrt wird, aber in der Zone 1 möglich ist? Beispiel: ich möchte, wenn ich in Vorarlberg unterwegs bin, im österreichischen oder im deutschen Netz surfen, aber verhindern, dass sich das Handy in ein Schweizer Netz mit Internetgebühren von 14.900 €/GB einbucht.
Hier die Antwort von bob (1:1 kopiert):
Lieber bob Kunde, schön, dass du dich an uns wendest.
Leider nein, es gibt nur die Möglichkeit das gesamte Roaming zu sperren, einzelne Zonen ein- oder auszusperren ist leider nicht möglich
Andere Provider schaffen das. Schade – es bleibt also bei knapp 15 Tausend Euro pro Gigabyte.
„Warum sind nicht alle bei bob?“ Ich fürchte, meine Antwort würde der A1 Telekom nicht gefallen. Nur zur Information: es gibt auch eine Servicepauschale (25€/Jahr). Wofür eigentlich?
Ein Nachtrag
Seit 15. 2. 2022 gibt es neues Angebot von Raiffeisen (aber nur für Kunden): Raiffeisen-mobil. Interessant der Tarif S für Wenig-Telefonierer: 4,90 € für 30 Tage mit 1000 Minuten oder SMS und 5 GB Daten (im Inland). Ich habe sofort nachgefragt: jja, man kann das Daten-Roaming für EU-Länder einschalten und alle anderen ausschalten. Gut so – andernfalls koste 1 GB Daten weltweit 15.360,00 € – da bedarf es auch keiner separaten Länderzonen.
Ein kleiner Schönheitsfehler: die Abrechnung geht über 30 Tage – warum nicht über einen Monat? Demnach wandert der Abrechnungstag im Verlauf eines Jahres langsam immer weiter. Aber: jeder 12. Monat ist gratis – auch erfreulich! Und auch hier gibt es keine Servicepauschale oder sonstige Fantasiegebühren.
Martin Weissenböck
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