Von der Spiegelreflex- zur Handy-Kamera

In unserer Familie gab es bis 1958 keine Fotografen und nur sehr einfache Fotoapparate. Meist brachten Gäste ein Foto mit und überließen uns ein Bild. Oder man ging bei der Hochzeit und später als Familie zum Fotografen. Es gab also sehr wenige Bilder.

1958 SR mechanisch

Dann aber kaufte mein Vater in Tschechien eine Spiegelreflexkamera Exakta Varex von Ihagee (DDR), damals eine Sensation. Das Bild zeigt nicht genau unsere damalige Kamera, aber so ähnlich war sie. Der Sucher konnte getauscht werden, man konnte sowohl einen Schachtsucher als auch einen Prismensucher einsetzen. Es gab sehr viel Zubehör. und mein Vater hatte viel davon. Insbesondere hatte er auch eine Dunkelkammerausrüstung und fotografiert viel in Schwarz-Weiß.

Exakta Varex mit Carl Zeiss Tessar 50mm, 1:2,8/50 mm, von Ihagee Dresden (1958)

1981 übernahm ich nach dem Tod meines Vaters die Fotoausrüstung Vater und fotografierte damit noch sechs Jahre. Diese Kamera war voll mechanisch, und mit der Zeit stellten sich Fehler bei der Belichtungszeit ein, und viele Aufnahmen sind wegen dieses Fehlers misslungen.

1987 SR optoelektrisch

1987 kam Florian, und es war klar, dass man dieses Elementarereignis mit einer verlässlicheren Kamera festhalten muss. Die Entscheidung fiel auf das damals bahnbrechende neue “elektrooptische” System EOS von Canon.

Canon EOS 650 (1987)

2010 DSR

Bei dem Erscheinen der ersten digitalen Spiegelreflexkamera musste man natürlich auch dabei sein. Es gab professionelle Modelle mit Vollformat-Sensor. und solche mit dem etwas kleineren ASP-C-Sensor und hochklappbaren Blitz.

EOS 60D, APS-C-Sensor, 17 Mpx, 5184×3456 px (2010)

Da ich viel Zeit auf Fußballplätzen verbringe, sind längere Brennweiten von Vorteil, und der ASP-C-Sensor verlängert die Brennweite eines Vollformatobjektivs um 1,4. Diese Kamera besitze ich heute noch und verwende sie als Reprokamera für Objekte und größere Bilder.

2012 Kompaktkamera Canon SX40 HS

In diesen Jahren waren die Handy-Kameras noch “unter der Würde” von jemandem, der eine Spiegelereflex-Kamera benutzt. Da in den Stadien das abnehmbare Objektiv der DSR immer ein Sicherheitsthema ist und die Zoom-Objektive ein ganz schönes Gewicht haben können, bestand der Wunsch nach einer der zahlreichen Kompaktkameras. Sie sind kleiner als eine DSR und das Superzoom-Objekt ist bereits eingebaut und ist nicht abnehmbar. Der Sensor ist kleiner und daher kann auch das Objektiv kleiner sein.

Canon SX40 HS

Einige Jahre lang wechselte ich zwischen DSR-Kamera und Superzoom-Kamera, je nach Anlass.

2016 DSR mit GPS

Im Laufe der Jahre genügte die Bildqualität der Canon D60 wieder nicht, und die nächste Digitalkamera von Canon wurde angeschafft, die EOS 7D Mark II mit eingebautem GPS zur Kennzeichnung des Standortes.

Canon EOS 7D Mark II. ASP-C-Sensor 20 Mpx, 5.472 × 3.648 Pixel) (2016)

Sosehr ich mich auf die Erfassung der Standortdaten durch die Kamera gefreut habe, so rasch habe ich dieses Feature auch wieder abgedreht. Die Daten reichten nicht an die Standort-Genauigkeit eines Handys heran und der Energieverbrauch war sehr groß. Oft reichte eine Akkuladung nicht einmal für die Bilder eines Fußballspiels.


In all den Jahren hatten auch alle Handys eine Kamera eingebaut, und man hatte eigentlich immer zwei Kameras mit: die Spiegelreflex und das Handy. Doch die Bildqualität und die Auflösung der Handy-Kamera reichte anfangs bei Weitem nicht an die der größeren Spiegelreflexkameras heran, jedenfalls nicht bei den Aufnahmen von Fußballspielen. Aber bei den zahlreichen privaten Schnappschüssen kam es doch schon manchmal vor, dass man sich der schweren Fotoausrüstung entledigte.

In Stadien sind Fotoapparate grundsätzlich erlaubt, doch mit zunehmender Größe der Kamera wird das Security-Personal nervös, und es kommt immer wieder zu Rückfragen, man braucht Genehmigungen, kurz: es kann kompliziert sein.

Auf der anderen Seite hat man ein Handy in der Tasche und kann ganz unkompliziert und ohne Kontrollen fotografieren.

Es ergab sich ein Prozess, bei dem die Bildqualität der DSR und die Bequemlichkeit der Handykamera gegenübergestellt wurden. Irgendwann kam der Punkt, bei dem die schwere Spiegelreflex-Kamera zu Hause blieb – und verstaubtem ebenso die Kompaktkamera. Das Handy hat – zumindest bei meinen Amateueraufnahmen – die DSR-Kamera überholt. Bei mir war dieser Punkt 2019 erreicht. Hier die Details:

Google oder Apple?

Eigentlich begann alles in der 1970er-Jahren mit einem Apple-Computer, dem Apple 2e. Ein Apple was damals ein erschwingliches Gerät für Lehrer und Schüler. Mit dem Apple 3 änderte sich die Preispolitik von Apple, und die Geräte wurden für uns Endverbraucher zu teuer. Man wandte sich der Klasse der CP/M-Computer zu, bis schließlich der IBM-PC einen Standard setzte, der bis heute besteht. Apple-Computer waren auf HTLs sehr selten, mit Ausnahme der Höheren grafischen Versuchsanstalt.

Nach der Ära der Handys mit Tastenbedienung, die von Nokia und Ericsson dominiert wurde, kamen die ersten Touch-Screen Handys auf den Markt.

Wir setzten zunächst auf den Pocket-PC von Microsoft mit einer an Windows erinnernden Oberfläche mit kleinen Schaltflächen und einem Stift. Damals (2007-2008) bestritt Paul Belcl viele Clubabende mit dem Thema “Pocket-PC”. Aber der Pocket-PC hatte kein Touch-Screen-Konzept und Microsoft erkannte viel zu spät, dass “Wischen” das Bedienkonzept der Zukunft sein würde.

Man riss das Ruder herum und entwickelte das Windows Phone, welches einerseits wie seine Konkurrenten Android und Apple mit einem Touch-Screen ausgestattet war und anderseits ein angepasstes Windows-System als Bedienungsoberfläche verwendete. Es wäre eine ideale Ergänzung für Windows-User gewesen, wären da nicht die Entwickler gewesen, die ihre Apps viel zu selten auch für das Windows-Phone angepasst haben.

2014 kam noch das Windows Phone 8 und 2016 das Windows Phone 10 auf den Markt, konnte aber mit dem Siegeszug des iPhone und des etwas nachhinkenden Android-Systems nicht mithalten. Die Handys von Microsoft hatte keine besonderen Mängel, allein es fehlten die Apps. Microsoft schied schließlich aus dem Wettbewerb der Handy-Betriebssystem aus und konzentrierte sich in der Folge auf die Entwicklung von Aps für Android und Apple. Ich habe alle diese Entwicklungen mitgemacht und eine Menge Lehrgeld gezahlt. Viele dieser Windows-Handys sind in der Ö3-Wundertüte gelandet, weil sie praktisch unverkäuflich waren.

Die Bildqualität aller dieser Handys konnte damals nicht mit der Bildqualität einer Spiegelreflexkamera mithalten.

Meine Wahl fiel – trotz eines anfänglichen technologischen Rückstands (besonders bei der Sprachausgabe für Blinde) – auf Android, weil das System für andere Hersteller als Google lizenzfrei verwendet werden konnte. Es bietet unseren HTL-Technikern mehr Möglichkeiten der Eigenentwicklung, weil eigene Programme nicht nur über einen zentralisierten Store, sondern auch als ausführbare Dateien (.apk) hergestellt werden konnten.

Im Laufe der Jahre seit dieser damaligen Entscheidung verringerte sich der Abstand zwischen Android und Apple, sodass man heute zwischen den Top-Handys der beiden Familien kaum Qualitätsunterschiede feststellen kann.

BetriebssystemiOSAndroid
Hersteller (BS)AppleGoogle
Aktuelle Version1714
Marktanteil (D)32 %68%
Hersteller (HW)AppleGoogle, Samsung, Xiaomi uva.
Top-HandyiPhone 15 Max Pro Max
1.448,-€ (256 GB), 1.699,- € (512 GB), 1.949,- €1 TB
Google Pixel 8 pro
1.099,- € (128 GB), 1.159,- € (256 GB)

Ich erspare mir in der Folge die Bilder, alle diese Handys sind ohnehin nur ziemlich ähnliche schware Rechtecke. Nur das letzte Handy ist ein bisschen hpbscher, daher auch das Bild.

2017 Google Pixel 2

Mein erster Android-Favorit war ein Google-Handy, weil mich störte, dass die anderen Hersteller viele eigenen Erweiterungen hinzufügen und man nicht leicht unterscheiden kann zwischen dem was eine Android-Eigenschaft und was eine zusätzliche Funktionalität ist. Darüber hinaus erhält man Updates bei den Google-Handys deutlich früher.

2017 wählte ich ein Google Pixel 2. Das Handy war gut, leicht, doch entsprach die Qualität der Fotos nicht den Erwartungen, Handy-Fotos blieben ein Behelf. Auch die Akku-Laufzeit ließ zu wünschen übrig.

2019 Huawei Mate 20 pro

Die Suche nach einer besseren Handy-Kamera begann. Nach dem Studium verschiedener Testberichte entschied ich mich für das HUAWEI Mate 20 Pro.

Aufwändige Huawei-Werbung im Oktober 2018 am Columbus-Center in Favoriten

Die Bilder waren um mehr als eine Klasse besser als die des Google Pixel 2. Mit dem HUAWEI Mate 20 pro begann ein kleiner Wettbewerb zwischen den beiden Fotowelten und mehr und mehr blieb die schwere DSR-Kamera zu Hause.

Die nächste Version, das Mate 30 pro wurde überspringen und danach wollte ich eigentlich auf das Mate 40 pro upgraden, doch daraus wurde nichts wegen des Embargos der USA gegen Huawei. Heute noch ist Huawei mit seinem P60 Spitzenreiter in Sachen Kamera, doch wegen der fehlenden Unterstützung von Android und der Google-Dienste kommen Huawei-Handys nicht mehr in die engere Wahl.

2021 Google Pixel 6 pro

In der Zwischenzeit war Google nicht untätig und stattete seine Handys mit immer besseren Kameras aus, sodass 2021 meine Wahl auf das Google Pixel 6 pro fiel. Die Kamera kann sich sehen lassen. Sie verfügt über einen 4-fach optischen Zoom mit einem periskop-artig verbauten Objektiv. Daher ragt das Teleobjektiv nicht aus dem Handy heraus – wie das bei Spiegelreflex-Kameras der Fall wäre – sondern liegt in der Handy-Ebene. Damit diese komplexe Hardware untergebracht werden kann, ragt der Kamera-Block etwa 1 mm aus dem Gehäuse heraus. Seit ich dieses Handy habe, blieb die Spiegelreflexkamera EOS 7D Mark II (siehe weiter oben) unbenutzt zu Hause. Ich verschenkte sie samt Zubehör an ein Clubmittglied.

Die Frage ist, warum ich die neuere und nicht die etwas ältere EOS 60D abgegeben habe. Der Grund war der Sucher auf der Rückseite des Kameragehäuses. Bei der neueren DSR war der Sucher fest verbaut. Nutzt man die Kamera als Reprokamera, ist sie in einem Schlitten eingebaut und ist etwa 1m über dem Arbeitstisch, das Objektiv ist nach unten, der Sucher aber nach oben gerichtet. Man würde eine Leiter brauchen, um das Bild zu sehen. Die ältere DSR hatte dagegen einen kleineren, dafür aber nach allen Seiten schwenkbaren Sucher und daher für die Aufgabe als Reprokamera besser geeignet.

2023 Google Pixel 8 pro

Das Google-Pixel 7 übersprang ich und eigentlich hätte ich auch das Pixel 8 pro nicht gebraucht, denn in der Verwendung als Handy verhält es sich identisch wie das Pixel 6 pro, es ist ja auch dasselbe Betriebssystem installiert, Android 14.

Aber Google weiß, wie man den Franz überzeugt! Die Kamera hat deutlich zugelegt.

Pixel 6 proPixel 8 pro
ProzessorGoogle TensorGoogle Tensor G3
Bildschirm6,7 Zoll6,7 Zoll
Auflösung1440 x 3120 px1344 x 2992 px
Kamera50+48+12 Mpx50+48+48 Mpx
Weitwinkel0,70,5
Makroaus-auto-ein
Tele4-fach optisch, 20-fach digital5-fach optisch, 36-fach digital
Stabilisatoroptischoptisch und elektronisch
Akku 5000 mAh5050 mAh
TemperatursensorStrahlungsmessung
PreisGoogle Pixel 6 pro
ca. 540,- € (128 GB)
Google Pixel 8 pro
1.099,- € (128 GB), 1.159,- € (256 GB)

Aber auch das war nicht unbedingt ein Kaufargument; das ergab sich aber im Zuge einer Untersuchung. 2022 hatte ich einen großen Tumor in der Blase, der aber durch Technik und tolle Ärzte beseitigt wurde. Danach gab es immer wieder Kontrolluntersuchungen, die zuerst auch gewisse Tumorreste diagnostiziert haben. Am 10. November war wieder so eine Untersuchung angesetzt und ich hatte so meine Ängste, was mit der Blase vom Franz los ist. Die Anspannung war groß; aber auch die Freude, als der junge Arzt meinte, dass er in der Blase und auch bei den anderen Lymphknoten nichts Auffälliges entdecken konnte. Es war für mich wie ein Adrenalin-Schub, es war wie eine Prognose, dass diese Phase der Lymphome überwunden sein könnte und die Tage des Franz noch nicht gezählt sind und der Kauf eines neuen Handys sich noch auszahlen könnte. Unmittelbar nach der Untersuchung fuhr ich zum Media Markt und kaufte das neue Google Pixel 8.

Bleibt noch die Frage, warum ich nicht den größeren Speicher mit 256 GB gewählt habe. Ich verwende keine Video-Funktion und fotografiere seit vier Jahren mit einem Handy und alle Bilder sind auf dem Vorgängerhandy gespeichert gewesen, und es waren nicht mehr als 67 GB Speicherplatz belegt. Es werden also auch in den kommenden Jahren nicht viel mehr Bilder dazukommen. Außerdem ist es nicht nötig, alle diese Bilder am Handy vorrätig zu haben, denn sie sind alle auch auf Google-Photos zu finden und in systematischer Form auf dem OneDrive von Microsoft. Wenn also ich am Handy alle Fotos lösche, kann ich sie jederzeit am selben Handy in der Cloud betrachten, das wegen der dortigen Systematik und Suchmöglichkeit viel einfacher ist. Hätte also mein Handy nur 50 GB, wäre das keine große EInschränkung.

Es ist ein bisschen so wie mit der Reichweite von Elektroautos. In einer Werbung wird von einer Reichweite von 1000 km gesprochen (1007 km steht dort, ein ziemlicher Unsinn). Wer fährt 1000m am Stück in einer Gegend ohne Ladestellen, fagt man sich? Wir Kurzstreckenfahrer brauchen überhaupt keine öffentliche Ladestelle, weil das Auto immer mit 80% Ladung in der Garage steht, und alle unsere Ziele in der näheren und weiteren Umgebung von Wien ohne Nachladen erreichbar sind, auch für die Rückfahrt. Je größer der Akku, desto schlechter die Umweltbilanz. Und so ist es auch mit dem 1TB-Speicher des iPhone.

Ich habe seit 2019 die digiale Spiegelreflex nicht mehr in Verwendung und fotografiere ausschließlich mit dem Handy. Natürlich gibt es Situationen, in denen das Handy schlecht abschneidet. Es gibt aber auch Situationen in schwierigen Lichtverhältnissen, die das Handy viel besser meistert.

Schade nur, dass das Pixel 8 pro nicht grün ist, aber das schöne helle blau passt auch! Es heißt übrigens “bay”.


Dieer Beitrag soll nicht als Empfehlung für oder gegen bestimmte Produkte sein, dazu hat der Autor viel zu wenig vergleichende Erfahrung. Der Bericht soll zeigen, wie ein leicht verrückter Amateur-Fotograf sein Hobby im Laufe der Jahrzehnte erlebt.

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